Kamillianische Familie Südtirol

Auf den Spuren des Hl. Kamillus von Lellis

 
Als „Stubenofen“ des Glaubenslebens innerhalb des Blindenapostolates hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten die Kamillianische Familie herausgebildet; diese Gruppe verströmt die Wärme der gelebten christlichen Spiritualität auch hinein in die anderen Kammern der Gemeinschaft.

Da der Gedanke der Kamillianischen Familie in Südtirol noch wenig bekannt ist, muss sie hier in einer kurzen Skizze umrissen werden. Vielleicht lässt sich die Idee dieser geistlichen Bewegung am besten in das folgende Bild bringen: Ein Rollstuhlfahrer lenkt mit den Händen sein Gefährt, und eine Blinde schiebt; der Rollstuhlfahrer zeigt den Weg, die Blinde gibt die Kraft.

Die Kamillianische Familie ist eine Gemeinschaft von Männern und Frauen, Blinden, körperlich Behinderten, Freunden und Helfern. Sie nimmt sich besonders der Kranken und Leidenden an, die sich gegenseitig helfen und bestärken. Dabei hat sie das Beispiel des heiligen Kamillus von Lellis vor Augen, der die Nachfolge Christi in der Liebe zu den Leidenden vorlebte.

Wie dieses große Vorbild und der von ihm gegründete Orden der Kamillianer versucht die Familie, Herz, Gebet und Zeit mit Kranken, Leidenden und Hilfesuchenden zu teilen. Das geschieht zum Beispiel mit Besuchen bei kranken, alten und behinderten Menschen in Krankenhäusern, Heimen und Wohnungen. Die Mitglieder der Kamillianischen Familie werden bei verschiedenen Treffen auf ihren Dienst vorbereitet. Dabei geht es um die biblische Grundlegung, eine Einführung in das Leben und die Spiritualität des heiligen Kamillus, sowie um praktische Hilfen für die Gesprächsführung, Krankenbesuche, Sterbebeistand usw.

Weltweit gehören heute der Kamillianischen Gemeinschaft mehr als sieben Millionen Menschen an. Ungefähr 1.100 Priester, etwa 200 Ordensschwestern und viele Laien wirken in 38 Ländern der Erde.

Die Gründung der Kamillianischen Familie in Südtirol vor 25 Jahren geht auf persönliche Bekanntschaften von Mariedl Fischnaller Pircher mit Blindenseelsorgern zurück, die meist auch Kamillianer waren. Zu ihnen gehört P. Robert Swoboda von der Caritas Freiburg, der das deutsche Katholische Blindenwerk aus der Taufe gehoben hatte. Ihn lernt die Apostolatspräsidentin im Jahr 1957 auf dem ersten Internationalen Kongress in Innsbruck kennen. Pater Swobodas Sekretär in Freiburg war Pater Paul Haschek, der für die Kamillianische Familie in Südtirol noch eine entscheidende Rolle spielte. Mit Pater Haschek und einer Jugendgruppe verbrachte das Blindenapostolat die erste gemeinsame Freizeitwoche in der Lichtenburg. Dann bricht der Faden zu Pater Haschek für lange Zeit ab.

Im Jahr 1979 trifft er wieder mit Mariedl zusammen, und er spricht mit ihr eine halbe Nacht lang über seine Idee, die Gründung einer Kamillianischen Familie, die sie sehr fasziniert. Am 2. Februar 1981 – es ist das Internationale Jahr der Behinderten und Tag der offenen Tür im Blindenzentrum – wird die Gruppe innerhalb des Blindenapostolates offiziell gegründet. Vier Monate später nehmen 250 Menschen mit verschiedenen Behinderungen und ihre Begleiter an einer vom Blindenapostolat organisierten Wallfahrt teil, sie pilgern nach Maria Weißenstein. Der Gottesdienst und die anschließenden Gespräche bestärken alle in diesem Vorhaben. Die Tradition einer Wallfahrt alle zwei Jahre wird seitdem hoch gehalten.

Seit den Gründungstagen bis zum Ableben von Pater Haschek wurde die Gruppe von Mariedl und ihm geleitet. Einige Jahre musste die Gruppe dann ohne offiziellen geistlichen Assistent weitermachen, aber Mariedl, deren ganzer Einsatz dem Fortbestehen der Kamillianischen Familie in Südtirol galt, schaffte es einen neuen Geistlichen zu finden. Es war Prof. Hansjörg Rigger. Nach dem Ableben von Mariedl am 10. Mai 2014 (während eines Glaubensseminars) wurde Prof. Rigger im Herbst 2014 von der Diözese offiziell als geistlicher Assistent für die Gruppe ernannt, nachdem er ja bereits in der Vergangenheit einige Einkehrtage und Seminare geleitet hatte. Ab dem Jahr 2015 finden wieder zweimonatlich Einkehrtage im Blindenzentrum statt und im Frühjahr immer ein Glaubensseminar.

In Österreich wurden die ersten Kamillianischen Familien übrigens etwas später, im Jahr 1983 gegründet, dann folgten Gründungen in Kroatien, Ungarn, Rumänien und inzwischen auch in Italien.

Wissenswertes zu einem wenig bekannten Heiligen: Kamillus von Lellis
Der Rollstuhlfahrer zeigt den Weg, die Blinde gibt die Kraft
Der Rollstuhlfahrer zeigt den Weg, die Blinde gibt die Kraft
Während eines Glaubensseminars
Während eines Glaubensseminars